Die vier Prinzipien der Barrierefreiheit lauten: Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit:
Was bedeutet dies konkret?
I. Wahrnehmbarkeit:
Das Prinzip der Wahrnehmbarkeit zielt darauf ab, sicherzustellen, dass Funktionen und Informationen so präsentiert werden, dass sie von allen Nutzern wahrgenommen werden können.
Das Zwei-Kanal-Prinzip besagt, dass Informationen über zwei unterschiedliche Sinneskanäle wahrgenommen werden können sollten. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass Informationen, die visuell erfasst werden können, auch akustisch zugänglich gemacht werden sollten, und umgekehrt. Es geht darum, sicherzustellen, dass niemand aufgrund seiner individuellen Fähigkeiten oder Einschränkungen von Informationen ausgeschlossen wird. Um das Zwei-Kanal-Prinzip in der Praxis anzuwenden, gibt es verschiedene Maßnahmen, die ergriffen werden können:
a. Alternativtexte für Bilder und Grafiken: Alle Bilder und Grafiken sollten mit Alternativtexten versehen werden, um Menschen mit Sehbeeinträchtigungen die Möglichkeit zu geben, den Inhalt zu erfassen. Diese Alternativtexte werden von Bildschirmleseprogrammen vorgelesen und ermöglichen es den Nutzern, das visuelle Element zu verstehen.
b. Anpassbare Zeitdauer bei zeitgesteuerten Medien: Bei der Verwendung von zeitgesteuerten Medien wie Videos oder Präsentationen ist es wichtig, die Zeitdauer anpassbar zu gestalten. Dies ermöglicht es Nutzern mit unterschiedlichem Arbeitstempo, den Inhalt in ihrem eigenen Tempo zu erfassen und zu verarbeiten.
c. Anpassbare Textgrößen: Die Möglichkeit, Textgrößen anzupassen, ist insbesondere für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen von großer Bedeutung. Durch die Möglichkeit, den Text zu vergrößern, wird sichergestellt, dass er für jeden gut lesbar ist und keine Informationen verloren gehen.
d. Kontrastreiche Darstellung und Unterscheidbarkeit von Hintergrundgeräuschen: Ein ausreichender Kontrast zwischen Vorder- und Hintergrund ist wichtig, um die Lesbarkeit von Texten zu gewährleisten. Ebenso sollten Hintergrundgeräusche so gestaltet sein, dass sie von den Vordergrundgeräuschen deutlich unterschieden werden können. Dies ermöglicht es Menschen mit Hörbeeinträchtigungen, den auditiven Inhalt besser wahrzunehmen.
e. Untertitel bei Videos: Die Bereitstellung von Untertiteln bei Videos ermöglicht es Menschen mit Hörbeeinträchtigungen, den gesprochenen Inhalt zu verstehen. Untertitel stellen sicher, dass der gesprochene Text visuell präsentiert wird und somit für jeden zugänglich ist.
II. Bedienbarkeit:
a. Tastaturbedienbarkeit: Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen oder Sehbeeinträchtigungen sind oft auf die Bedienung mittels Tastatur angewiesen. Daher ist es von großer Bedeutung, dass IT-Lösungen und Websites so gestaltet sind, dass sie vollständig über die Tastatur bedienbar sind. Eine klare und intuitive Navigation per Tastatur ermöglicht es diesen Nutzern, effektiv und ohne Einschränkungen zu interagieren.
b. Zeitbegrenzungen: Zeitbegrenzungen bei einzelnen Interaktionsschritten können für manche Menschen, insbesondere für solche mit kognitiven Beeinträchtigungen oder langsameren Reaktionszeiten, eine Herausforderung darstellen. Es ist wichtig, dass solche Zeitbegrenzungen ausreichend großzügig bemessen sind, damit alle Nutzer die Möglichkeit haben, die gewünschten Aktionen durchzuführen, ohne in Stress zu geraten oder wichtige Informationen zu verpassen.
c. Vermeidung von Blinken und Blitzen: Für Menschen mit Epilepsie können visuelle Reize wie Blinken und Blitzen Anfälle auslösen. Daher sollte auf solche Effekte in IT-Lösungen verzichtet werden, um die Sicherheit und das Wohlbefinden dieser Nutzergruppe zu gewährleisten.
d. Orientierung und Navigation: Klare und eindeutige Linktexte sowie verschiedene Navigationswege sind entscheidend, um allen Nutzern eine einfache Orientierung auf einer Website oder in einer Anwendung zu ermöglichen. Dies ist insbesondere für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oder Sehbeeinträchtigungen von großer Bedeutung. Eine gut strukturierte und verständliche Navigation erleichtert die Interaktion und erhöht die Benutzerfreundlichkeit für alle.
e. Alternative Gesten: Bei der Bedienung von IT-Systemen werden häufig Zeigergesten oder komplexe Gesten verwendet. Es ist wichtig, Alternativen anzubieten, um auch Nutzern mit motorischen Beeinträchtigungen die Interaktion zu ermöglichen. Beispielsweise können alternative Steuerungsmethoden wie Sprachsteuerung oder Schalter verwendet werden, um die Bedienbarkeit zu gewährleisten.
III. Verständlichkeit
Das Prinzip der Verständlichkeit spielt nicht nur im Kontext der IT-Barrierefreiheit eine entscheidende Rolle, sondern auch in Bezug auf die allgemeine Lesbarkeit und Verständlichkeit von Inhalten. Es ist von großer Bedeutung, dass Informationen für ein möglichst breites Publikum gut lesbar und verständlich sind, selbst wenn sie laut vorgelesen werden.
a. Klare und einfache Sprache: Die Verwendung einer klaren und einfachen Sprache ist von entscheidender Bedeutung, um Inhalte verständlich zu machen. Es ist wichtig, Fachbegriffe, ungewöhnliche Ausdrücke oder Abkürzungen zu erklären, damit auch fachfremde Personen, Menschen mit einer anderen Muttersprache oder kognitiv beeinträchtigte Menschen die Inhalte gut verstehen können. Indem wir komplexe Konzepte auf verständliche Weise erklären, stellen wir sicher, dass unsere Botschaft bei einem breiten Publikum ankommt.
b. Erläuterungen bei Bedarf: Zusätzlich zur Verwendung einer klaren Sprache ist es ratsam, Erläuterungen bereitzustellen, wenn spezifische Begriffe oder Fachtermini verwendet werden. Dies ermöglicht es Lesern, die mit dem Fachjargon nicht vertraut sind, den Inhalt besser zu verstehen. Solche Erläuterungen können beispielsweise als Fußnoten, Hyperlinks oder Glossare eingefügt werden, um eine einfache Navigation und den Zugriff auf weitere Informationen zu ermöglichen.
c. Vorhersehbare Benutzeroberfläche und Fehlervermeidung: Ein weiterer Aspekt des Prinzips der Verständlichkeit ist die Vorhersehbarkeit der Benutzeroberfläche. Eine konsistente Darstellung und Navigation erleichtern es den Nutzern, sich auf einer Website oder in einer Anwendung zurechtzufinden. Durch die Bereitstellung klarer und leicht verständlicher Anweisungen wird es den Benutzern ermöglicht, Eingabefehler zu vermeiden und die gewünschten Aktionen erfolgreich auszuführen.
IV. Robustheit
Die Robustheit spielt eine entscheidende Rolle in der Web-Barrierefreiheit:
a. Kompatibilität mit Benutzeragenten und assistiven Technologien: Die Robustheit bezieht sich darauf, dass die bereitgestellten Inhalte problemlos von verschiedenen Benutzeragenten interpretiert werden können. Insbesondere ist die Kompatibilität mit Webbrowsern und assistiven Technologien wie Screenreadern von großer Bedeutung. Ein Screenreader ermöglicht es Menschen mit Sehbeeinträchtigungen, den Inhalt einer Website auditiv zu erfassen.
b. Einhaltung von Standards: Um die Robustheit zu gewährleisten, ist es von entscheidender Bedeutung, bei der Bereitstellung von Inhalten Standards einzuhalten. Dies umfasst die korrekte Syntax, eine einheitliche Nutzung von HTML und anderen Webstandards.
Quelle und weiterführende Infos: https://www.barrierefreiheit-dienstekonsolidierung.bund.de/Webs/PB/DE/gesetze-und-richtlinien/wcag/wcag-node.html;jsessionid=4F52F4D4ED306D9C16F21CB588549FAE.1_cid350