Der chinesische Online-Marktplatz Temu drängt mit Macht in Europas E-Commerce-Kernmärkte vor. Obwohl Wish und Shein bereits in Deutschland etabliert sind, ist Temu hierzulande noch wenig bekannt. Das Unternehmen plant, ein breites Spektrum an Nonfood-Artikeln zu äußerst günstigen Preisen anzubieten und direkt aus China an Endkunden zu liefern. Temu ist Teil der PDD Holdings, zu der auch Pinduoduo gehört. Im Gegensatz zu Shein war Temu bisher hauptsächlich in China tätig, expandierte jedoch im vergangenen Jahr in die USA und startete in diesem Jahr in Australien, Neuseeland, Frankreich, Italien, Deutschland, den Niederlanden, Spanien und Großbritannien. Die App von Temu hat sich in diesen Ländern bereits an die Spitze der Shopping-App-Download-Charts gesetzt.
Temu ist eine einzigartige Social-Media-Commerce-Plattform, die sich von herkömmlichen Shopping-Apps unterscheidet. Das Unternehmen nutzt dabei gezielt Social-Media-Kanäle wie TikTok, um Bedarf zu generieren. Zudem setzt Temu auf Gamification-Elemente und Affiliate-Codes, um das Wachstum der Plattform zu fördern. Das Geschäftsmodell von Temu vereint somit Shopping und Social Media auf innovative Weise.
Temu bietet zum Start in Deutschland großzügige Rabatte an, darunter 8 Euro Rabatt ab einem Warenkorbwert von 60 Euro, 20 Euro Rabatt ab 100 Euro und 40 Euro Rabatt ab 150 Euro. Derzeit werden auch kostenlose Versandkosten beworben, mit einer Lieferzeit von etwa einer Woche und einer Rückgabegarantie von 90 Tagen. Temu investiert außerdem in ein Ambassador-Programm, bei dem in den USA Belohnungen im Wert von bis zu 1.000 US-Dollar an diejenigen vergeben werden, die neue Kunden gewinnen.
Experten zufolge liegen die Preise bei Temu teilweise bis zu 80 Prozent unter denen vergleichbarer Artikel bei anderen Anbietern. Das Sortiment umfasst eine Vielzahl von Kategorien wie Mode, Schönheitsprodukte, Elektronik, Baumarktartikel und Haushaltswaren. Täglich werden Tausende neuer Artikel hinzugefügt, ähnlich wie bei anderen bekannten Shopping-Apps wie Wish und Shein. Allerdings wird die Qualität der Produkte von Verbrauchern oft als minderwertig angesehen, wie aus zahlreichen Kommentaren in den sozialen Medien hervorgeht.
Temu agiert als Marktplatzmodell und bietet chinesischen Lieferanten und Herstellern Reichweite, Technologie, Vermarktung und logistische Abwicklung. Die Plattform erhebt dafür eine Provision von den Herstellern, die etwa 25 bis 30 Prozent des Verkaufspreises ausmacht.
Details zur logistischen Abwicklung bei Temu sind bisher begrenzt. Es wird vermutet, dass das Unternehmen Waren chinesischer Lieferanten in Fulfillment-Centern in China lagert. Von dort aus werden sie über asiatische Logistikdienstleister per Luftfracht in die Zielmärkte versendet und mithilfe lokaler Brief- und Paketdienste wie beispielsweise DHL in Deutschland zugestellt. Die Lieferzeiten belaufen sich auf sieben bis zehn Tage, weshalb ein Transport per Container-Seefracht ausgeschlossen ist.
In Europa und den USA gibt es bisher keine vergleichbare Social-Commerce-Plattform wie Temu, die Kundenansprache, Awareness und Produktspektrum so erfolgreich kombiniert. Das Unternehmen könnte daher als Maßstab für die zukünftige Entwicklung des Onlinehandels dienen, insbesondere im Hinblick auf „discovery-based online shopping“, bei dem auch das Metaverse als integrierter Bestandteil eine Rolle spielen könnte. Temu zeigt, wie eine Plattform erfolgreich das Potenzial der sozialen Interaktion und des Entdeckens von neuen Produkten nutzen kann, und könnte somit den Weg für innovative Ansätze im E-Commerce weisen.
Update: Es gibt ein ausführliches Kassenzone-Video zu Temu. Viel Spaß: https://www.youtube.com/watch?v=pta8PBGwFrU