Und da waren sie wieder: Abmahnung und Sperrung. Scheint aktuell wieder ein besonderer Renner zu sein. Zeit nochmal für ein bisschen Aufklärung und Unterstützung:
Was ein Patent ist, erklärt sich den meisten von alleine, sodass es vorab erst einmal das kurze Design-Know-How gibt:
In Deutschland hieß das Design früher Geschmacksmuster. Mittlerweile heißt es – wie in vielen Ländern – einfach Design. Nur für die europäische Ebene benennt man es hierzulande noch „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“. Ein Design schützt eine ästhetische Gestaltung. Es geht darum, dass das Design neu ist und eine Eigenart besitzt und es sich durch den Gesamteindruck sich von anderen Designs unterscheidet.
Das Designrecht gewährt dem Inhaber das Recht, alle anderen, die das Design verwenden, von der Benutzung auszuschließen und Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz zu verlangen – gegebenenfalls sogar Vernichtung. Ganz wichtig: Es gibt auch das nicht eingetragene Geschmeinschaftsgeschmacksmuster! Ab Veröffentlichung gilt der Schutz dann drei Jahre.
Kommen wir zu den Pflichten der Händler/Importeure:
Derjenige, der das Produkt in den Markt bringt, hat vorab zu prüfen, ob es auf dem dortigen Markt möglicherweise geschützt ist – egal ob Marke, Design oder Patent. Tut man es nicht, drohen rechtliche Konsequenzen. Ich höre an dieser Stelle schon die ersten Händler abwinken: „Aber mein Lieferant hat gesagt, dass die sich unterscheiden.“ Euer Pech nur: Ihr seid diejenigen, die erstmal abgemahnt werden. Ja, ihr könnt vielleicht Regress nehmen, aber dann müsst ihr vielleicht mit eurem Lieferanten streiten, ob das Design wirklich verletzt oder nicht. Oder ihr lasst euch auf Unterlassung etc. verklagen und verkündet dem Lieferanten den Streit. Optionen gibt es, aber diese sind langwierig und teuer. Also bitte selbst checken und Risiken abwägen – gegebenenfalls Kriegskasse vorrätig halten! Die Recherche kann man recht leicht mit den offen zugänglichen Datenbanken schon selbst machen:
Ich selbst nutze bevorzugt für Designs die WIPO-Datenbank: https://www3.wipo.int/designdb/en/index.jsp oder auch DesignView https://www.tmdn.org/tmdsview-web/#/dsview.
Bitte schaut aber unbedingt in jedem Fall auch in eine Datenbank für Patente, denn so manch Produkt ist patentrechtlich geschützt und nicht als Design. Dann findet ihr es also nicht bei einer Design-Recherche, sondern in der Patentdatenbank. Ich nutze am liebsten Patentscope: https://patentscope.wipo.int/search/en/search.jsf
Bitte denkt unbedingt daran, dass nicht nur hochtechnologische Dinge patentiert werden, sondern durchaus auch Pfennigartikel und Kleinkram. Mein liebstes Beispiel ist und bleibt ein patentrechtlich geschützter Strohhalm, der ein Verfahren mit 1.000.000 € Streitwert nach sich zog. Aber schaut doch mal zum Spaß selbst in die Datenbank und gebt mal „drinking straw“ ein oder „lollipop stick“.
Kommen wir noch zu den Standard-Argumenten der Betroffenen: „Ich habe mich zwar inspirieren lassen, aber …..“ Dies ist dann immer der ausgiebigste Streitpunkt. Sehen die Nähte genauso aus wie beim Original? Die sind doch statt rot jetzt gelb? Ist die Lasche genauso? Was ist aber mit Dingen, die die Funktion vorgeben? Wie weit sind die genutzten Formen schon bekannt? Ein schier unendliches Feld für Streitigkeiten. Lasst euch im Zweifel lieber beraten. Denn eins sollte euch bewusst sein: Natürlich könntet ihr Recht haben und auch bekommen, aber bis dahin kostet es sehr viel Geld. Habt ihr die Zeit und die Kriegskasse? Wenn nicht, checkt bitte vorab eure Produkte.
Kommen wir noch zu den Hacks der Mitbewerber.
Bei ganz vielen der Sperrungen sind die betroffenen Händler massiv überrascht. Nicht selten höre ich: „Aber das gibt’s doch schon ewig auf dem Markt“. Was ist da passiert? Ein Mitbewerber (nicht selten aus Asien) hat einfach ein gut laufendes Produkt genommen und das Design auf sich angemeldet. Frech, aber erfolgreich, denn die Ämter prüfen das Design nicht, sondern tragen einfach nur ein. Und die Gerichte und auch Amazon & Co. können und dürfen sich erstmal nur auf das eingetragene Register stützen. Dann muss diese Eintragung also erst einmal gelöscht werden, bevor ihr weitermachen könnt. Seid also gewappnet – und setzt niemals (!) nur auf ein einziges Produkt!